Quellensteuer bei Online-Werbung - "Erfindung" einer Digitalsteuer?

Es gab in den letzten Jahren kaum solch ein mediales Interesse an Steuern wie bei der kürzlich bekanntgegebenen Vorgehensweise einzelner Finanzämter in Bayern, Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz. Angestoßen hatte dies ein kreativer Finanzbeamter in Bayern, Herr Franz Hruschka.

Was ist passiert?

Die Finanzämter sind insbesondere bei Betriebsprüfungen dazu übergegangen, Online-Marketing unter Einschaltung ausländischer Unternehmen nicht mehr als Dienstleistung, sondern als “Nutzungsüberlassung von Rechten und ähnlichen Erfahrungen” im Sinne von § 49 Abs. 1 Nr. 9 EStG zu deklarieren. Es wird angenommen, dass die Aufwendungen für Online-Werbung eine Vergütung für die zur Verfügung stehenden Nutzungsrechte (hier: Algorithmen) des ausländischen Portalbetreibers (hier: von Google) seien. Insoweit hätte der Portalbetreiber (hier: Google) in Deutschland steuerpflichtige Einkünfte, für die der Werbekunde gem. § 50a Abs. 1 Nr. 3 EStG eine Quellensteuer in Höhe von 15% zzgl. Solidaritätszuschlag an das Bundeszentralamt für Steuern abzuführen hätte. Üblicherweise werden Netto-Vereinbarungen getroffen, wonach der Werbekunde die Quellensteuern zu tragen hat. In diesem Fall liegt die Belastung (bei rd. 18%) sogar höher.

Kann die gesetzliche Regelung so interpretiert werden?

Der Aufschrei war groß ((Frontal21 beim ZDF, FAZ, Gründerszene, Handelsblatt). Der Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und Neue Medien e.V. (bitkom) hat hierzu unter Bezug auf sein Positionspapier ebenfalls ausführlich Stellung bezogen. Auch bei den Steuerberatern wurde dieses Thema natürlich reichlich diskutiert.

Aus meiner Sicht ist diese Ansicht zwar ein sehr kreativer Gedanke, aber wohl nicht stichhaltig, denn es liegt keine Überlassung einer Nutzung von Know-how des Portalbetreibers an den Werbetreibenden vor. Dieser bekommt lediglich ein Ergebnis aus dem Algorithmus des Portals in Form einer Werbeanzeige auf dem Display eines bestimmten potenziellen Kunden. Wer der Betrachter der Werbung ist, erfährt der Werbekunde nicht und auch nicht, wie der Algorithmus zu diesem Ergebnis kam.

Es war daher den betroffenen Unternehmen unbedingt anzuraten, bei entsprechenden Feststellungen des Finanzamts Einspruch einzulegen.

Hätte es denn zu Mehreinnahmen beim Fiskus geführt?

Sollte die Interpretation der Normen durch das Finanzamt tatsächlich zur Anwendung kommen, kommt es nur bei einer weiteren Konstellation zu einem Mehrergebnis für den deutschen Fiskus.

Für die vom Werbetreibenden nach Hruschka einzubehaltende und abzuführende Quellensteuer kann der ausländische Portalbetreiber nämlich nach § 50d EStG einen Antrag auf Erstattung der gezahlten Steuer für die Vergangenheit stellen (Abs. 1) oder eine Freistellung für die Zukunft beantragen (Abs. 2). Damit wäre die Neutralität der Quellensteuer gegeben und dem Gedanken als Missbrauchsbekämpfungsnorm Rechnung getragen. Es lässt sich nur spekulieren, ob die jeweiligen Portalbetreiber die Voraussetzungen des § 50d Abs. 3 EStG erfüllen, die spricht jedoch von außen betrachte jedoch nichts dagegen. Insoweit hätte der Staat keine Mehreinnahmen, da zwar die Quellensteuer vom Werbetreibenden abgeführt wurde, diese aber wieder an den Portalbetreiber ausgezahlt worden wäre.

Letztlich sind aber nur die Portalbetreiber antragsberechtigt, Diese haben daran in den meisten Fällen aber wohl kein Interesse, denn üblicherweise sind in den AGBs Nettovereinbarungen getroffen. Der Werbekunde hat gem. solcher Vereinbarungen die Quellensteuer zu tragen und bleibt dann auf der gezahlten Steuer sitzen.

Seit Jahren versagt der Staat dabei, Google & Co. angemessen zu besteuern. Hr. Hruschka hat mit seiner umstrittenen Idee wohl einen Weg finden wollen, eine “Digitalsteuer” zu erfinden und dabei die deutschen steuerpflichtigen Unternehmen als Steuereintreiber einzusetzen.

Das Problem: diese Steuern können auch nachgefordert werden (z.B. bei Betriebsprüfungen, noch nicht abgeschlossenen Veranlagungsverfahren oder sogar als Verfahren wegen Steuerhinterziehung). Betroffene Unternehmen wären somit erheblichen Nachforderungen für mehrere Jahre ausgesetzt, denn neben der Nacherhebung von Quellensteuern werden diese zusätzlich (derzeit noch) mit 6% Nachzahlungszinsen belastet. Da dies nicht vorhersehbar war, wurden auch meist keine Rücklagen gebildet. Schnell kann ein Unternehmen so in Notlage geraten.

Wie hat die Finanzverwaltung auf diesen Aufschrei nun reagiert?

Da die Vorgehensweise nur auf Ansicht einiger Finanzämter beruhte, nicht bundesweit abgesprochen wurde und auch nicht unumstritten ist, bedurfte es einer Klarstellung. Um sicherzustellen, dass die Werbetreibenden bis zur Klärung auf der Bund-Länder-Ebene nicht steuerlich belastet werden, waren die bayerischen Finanzämter bereits zuvor angewiesen worden, diese Fälle offen zu halten.

Diese Klarstellung erfolgte nun und wurde durch das Bayerische Staatsministerium der Finanzen und für Heimat am 14.03.2019 mit folgender Pressemitteilung veröffentlicht:

  • Jetzt steht endgültig fest, dass inländische werbetreibende Unternehmen keinen Steuereinbehalt bei Onlinewerbung vornehmen müssen

  • Für viele Unternehmen in Deutschland ist Onlinewerbung unverzichtbar, um national und international wettbewerbsfähig zu bleiben.

  • Eine Verpflichtung zum Quellensteuerabzug hätte im Ergebnis bürokratischen Mehraufwand und in zahlreichen Fällen auch erhebliche Steuernachforderungen zur Folge gehabt.

Diese Aussage ist sehr zu begrüßen und führt zu großer Erleichterung und zu einem Ende dieser Unsicherheit.